Vor Monaten habe ich meine Vermieter gebeten, das Bad zu renovieren, da es anfing zu faulen und zu stinken und der Anblick der abgeblätterten Tapete auch nicht gerade ein Hingucker war. Das Interessante an meinem Badezimmer in der Villa in Vicopisano (Toskana) ist, dass es vor etwa 15 Jahren nachträglich eingebaut wurde, da aus einem großen Appartement zwei gemacht wurden. Anstatt Kacheln zu verwenden, wie es ja normalerweise üblich ist im Duschbereich, wurde lediglich eine lackiert Tapete verwendet. Auch in dem Bereich, wo man duscht und wo die Wand immer nass wird, gab es nur eine Tapete, die sich natürlich über die Jahre schon so langsam aufgelöst hat bzw. „zu leben und muffen“ anfing. Meine deutsche Hartnäckigkeit und Penetranz hat letztlich dazu geführt, dass ich mich mit meinen Vermietern auf einen Kompromiss geeinigt habe (sehr üblich in Italien, immer irgendwie eine gemeinsame Lösung und einen Kompromiss zu finden). Der Kompromiss bestand darin, dass ich jemanden organisiere, der den Duschbereich kachelt und die Eigentümer der Wohnung dann den Rest des Badezimmers neu tapezieren und anstreichen (was aufgrund vieler Löcher und einiger Schimmelflecken dringend notwendig war). Lieblingszitat meiner Vermieter ist immer:
„Bei einer so alten Villa wie dieser hier (1874) ist das normal, wenn es anfängt zu bröckeln, stinken und abzublättern oder die Fenster aus den Rahmen rutschen usw. – damit muss man eben in einem altenHaus rechnen und das mache ja auch schließlich den besonderen Charme aus.“
Nun ja… Charme hin Charme her, aber so ganz verrottet und stinkend sollte es dann doch nicht sein, oder? Also ich hatte relativ schnell meinen Teil der Arbeiten im Bad erfüllt und ein sehr netter albanischer Handwerker (mein Nachbar) hat am Wochenende alles gekachelt und neu gemacht. Das war noch vor Weihnachten. Ich fragte dann vorsichtig bei meinen Vermietern ab, wann Sie denn den Rest machen wollten, woraufhin sie meinten, sie müssten ja erstmal jemanden finden, der das machen würde. Trotz Krise in Italien, hätten sie bisher noch keinen gefunden.
Kreative Schattierungen beim Neuanstrich der Badezimmerwand in der Toskana gewollt
Als es März wurde und noch nichts passiert war, fragte ich vorsichtig noch mal nach und ich bekam dann die Antwort, die Malerarbeiten würde nun endlich erledigt werden, wenn ich ein paar Tage in Hamburg wäre, dann würde mich niemand stören. Wunderbar, dachte ich.
Als ich dann nach 1 Wocher Hamburg im Schnee wieder ins sonnige Vicopisano in der wundervollen Toskana zurückkam, war ich extrem neugierig. Ich ging sofort in mein Badezimmer und war zunächst froh und auch ein wenig überrascht, dass tatsächlich etwas gemacht wurde und es anders aussah. Die Faulstellen waren weg. Bei genauerem Hinsehen sah ich jedoch, dass die grüne Farbe nicht einheitlich übergestrichen wurde. Es sah aus, als ob es der erste provisorische Anstrich war und der zweite noch fehlen würde. Ich schaute alles noch genauer an und kam immer mehr zu der Überzeugung, dass meine Vermieter zwar angefangen hatten, aber noch nicht fertiggeworden seien. Da ich aber keinen Hinweis auf weitere Arbeiten hatte und auch keinen Zettel mit einer Nachricht gefunden hatte, schrieb ich eine Mail an meinen Vermieter in Florenz mit der Bitte um kurze Erklärung, wie denn der Stand der Arbeiten sei. Ich bin hier in Italien ja schon ungemein diplomatisch geworden und versuche erstmal mit naiven freundlichen Fragen den Sachverhalt zu klären. Ich erklärte ihm, dass es ja schon viel besser aussehen würde, wann denn aber der Maler käme, um den zweiten Anstrich zu machen. Die Antwort, die ich dann bekommen habe hat mich erstmal zu einem lauten Lachen gebracht. Mein freundlicher italienischer Vermieter erklärte mir nämlich, die fleckige grüne Wand sei so gewollt. Eigentlich wären die Arbeiten im Bad abgeschlossen, seiner Meinung nach. Es sei versucht worden, die grüne Wand so überzustreichen, dass sie zu den leicht changierenden weißen Kacheln im Duschbereich passen würde. Der fleckige Effekt wäre also gewollt gewesen, um künstlerisch die leichte Maserung der Kacheln aufzufangen. Ich war platt. Auf diese Erklärung wäre ich im Traum nicht gekommen. Ich bin nach dieser Mail sofort wieder ins Badezimmer gegangen und habe mir die fleckige grüne Wand noch einmal mit der neuen Erkenntnis angeschaut. Naja, es gab Stellen, da hätte man mit viel Fantasie sagen können, es wäre gewollt, aber die meisten Stellen sahen einfach nur fleckig und fehlerhaft aus. Mein Vermieter kam dann gestern persönlich noch einmal vorbei, da er das Endergebnis selber noch nicht gesehen hatte und musste schweren Herzen eingestehen, dass der gewollte künstlerische Effekt doch ausgeblieben sei und es wirklich nicht gut ausähe. Er würde die nächsten Wochen noch einmal persönlich vorbeikommen und alles überstreichen, es würde ja nicht eilen, meinte er daraufhin.
Die Kreativität der Italiener hat erst einmal wieder gesiegt
Ich habe inzwischen gelernt, dass das Bad wohl jetzt auch so bleiben wird und keiner mehr kommen und es überstreichen wird :-(, es sei denn, ich schreibe jede Woche eine Mail (wozu ich keine Lust habe). Inzwischen habe ich mich – entgegen Feng Shui – sogar an die fleckige Wand gewöhnt und es stört mich gar nicht mehr so…. 🙂
Viva Italia, man wird hier einfach mit der Zeit viel entspannter und gelassener und regt sich viel weniger auf!
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Hallo Regina,
komme gerade aus der Toscana zurück und hatte kurz vor meiner Abreise deine Seite entdeckt. Wir waren eine Woche u.a. in Vicopisano, und ich stellte schnell fest, dass wir unten in der Villa wohnten, in der du lebst!!!!
Ich habe dann auch einen Mini aus Hamburg gesehen, dich leider nicht, denn ich hätte dich ansonsten spontan angesprochen. Bin ich doch ebenso Italien infiziert wie du seit meinem 15.Lebensjahr….
Werde jedenfalls deinen Blog weiter verfolgen und würde mich über eine Antwort freuen!!!
Liebe Grüsse
Patricia aus Köln