Dies ist mal wieder eine der Geschichten, die die liebenswürdige charmante Seite an Italien widerspiegelt, die ich so liebe. Als ich heute morgen im Dorf Vicopisano in Mitten der Toskana zur Post musste, um wegen der Eröffnung eines italienische Kontos einiges zu klären und auszufüllen (ich musste insgesamt etwa 22 Mal auf 10 verschiedenen Formularen unterschreiben 🙂 – mehr dazu in einem nächsten Blog), ahnte ich nichts Gutes. Denn ich war schon darauf vorbereitet, wieder eine kleine Ewigkeit in der Post zu verbringen. Normalerweise muss ich immer 1 Stunde einplanen, wenn ich in der Toskana zur Post will. An der Post kommt man nicht vorbei in Italien, denn die meisten „öffentlichen“ Rechnungen, wie Telefon, Autoversicherung, Gas, Strom etc. zahlt man dort am Schalter. Das Zahlen alleine wäre ja nicht das Schlimmste, aber jeder der dann am Schalter steht, redet und erzählt erst mal in aller Ruhe die neusten Geschichten, und so kommt es immer zu immensen Wartezeiten.
Aber diesmal war die Post in Vicopisano leer (keine Ahnung, warum), und ich kam schon nach 20 Minuten wieder vor die Tür. Als ich dann aus der Tür kam, hielt mich der Briefträger an, der für unseren Wohnbereich zuständig ist. Er lachte mich freudig an und fragte, wie es mir denn so ginge und ob alles in Ordnung sei. Ich war überrascht, denn außer einem freundlichen gegenseitigen Grüßen, wenn er auf seiner Vespa die Post vorbeibringt, hatte ich noch nie mit ihm gesprochen.
Italienische Post soll die zuverlässigste Zustellquote in Europa haben… 🙂
So kamen wir also ins Gespräch und ich machte so meine Scherze zum Thema, ob wohl die Weihnachtspost in Italien auch pünktlich ankommen würde usw. Er schaut mich verwundert an und meinte, die italienische Post („Poste Italiane“) sei laut Statistik (keine Ahnung, wo und wie die Statistik wohl entstanden ist) die zuverlässigste Post in Europa mit einer Zustellgenauigkeit von 93%. Ich war sprachlos und konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, habe es dann aber bei dieser Aussage belassen. Ich wollte den freundlichen „postino“ (Postbote) ja nicht verärgern :-).
Als ich ihm erzählte, ich würde nun für ca. 6 Wochen nach Deutschland zurückkehren, um die Weihnachtszeit und den Januar dort zu verbringen, fragte er mich, ob er sich dann um meine Post kümmern solle (es sei hier aber bemerkt, dass ich kaum Post bekomme). Was er denn damit meine, fragte ich ihn.
Daraufhin hat er mir angeboten, dass er bis Ende Januar die Post in seinem Büro für mich sammelt, damit sie nicht in meinen Briefkasten vor der Haustür nass würde oder verschwindet. Das fand ich total nett und klasse und natürlich habe ich freudig zugestimmt.
Briefträger von Vicopisano ist auch Bürgermeister
Wir kamen dann noch weiter ins Gespräch über Sizilien und Mailand und Hamburg und das gute Essen, das Wetter und die tollen Süßigkeiten aus Sizilien usw. Wir standen wohl insgesamt 30 Minuten auf der Strasse und so erfuhr ich dann auch noch, dass er eigentlich aus Palermo kommt, dann 18 schreckliche Jahre (so sein Zitat) in Mailand gelebt habe und nun glücklicherweise hier in Vicopisano gelandet sei. Die Tätigkeit des Postboten würde er ja nur so nebenbei ausüben, denn eigentlich sei er ja der Bürgermeister von Vicopisano. Schon wieder war ich sprachlos.
Ein sizilianischer Postbote in der Toskana, der auf der Vespa die Post verteilt, der aber gleichzeitig der Bürgermeister von Vicopisano ist. Wahnsinn, sowas gibt es wirklich nur in Italien!
P.S. Normalerweise gebe ich in Deutschland dem Briefträger zu Weihnachten ein Trinkgeld, aber was mache ich denn jetzt, ich kann doch dem Bürgermeister in Italien kein Trinkgeld geben 🙂
Kleine Übersetzungshilfe:
- Briefträger – postino
- Gemeinde – comune
- Bürgermeister – sindaco
- italienische Post – Poste Italiane
- Post – posta
- Brief – lettera
- Briefmarke – francobollo
- Postkarte – cartolina
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