Ich bin nun schon knapp 1 Jahr in Italien und bin doch immer wieder komplett überrumpelt und überrascht über die Andersartigkeit der Italiener, vor allem, wenn es um Arbeit geht. Es gibt so ein paar Dinge hier, an die werde ich mich nicht gewöhnen und möchte es auch nie! Zum Beispiel dass hier in Italien alles, aber wirklich alles, nur mit Networking und wer kennt wen funktioniert. Und am besten sollte man auch noch verwandt sein. (Darüber habe ich ja schon das ein oder andere Mal berichtet). Aber dazu kommt dann noch, dass ein Italiener nur etwas für einen tut, wenn er dafür dann auch wieder etwas bekommt. Und wenn etwas kostenlos ist, kann es auch nicht gut sein und da muss eine Falle dabei sein. „Gratis è morto“ (gratis ist tot oder gestorben) ist ein Sprichwort in Italien. Obwohl ich schon mal knapp 3 Jahre in Italien gearbeitet habe, so muss ich doch jetzt lernen, dass es etwas anderes ist, wenn man für eine deutsche Firma in Italien arbeitet oder mit „reinrassigen“ Italienern. 🙂
Gerade neulich ist es mir wieder passiert, dass ich sprachlos war. Ich bin ja gerade dabei ein Start-up Business hier in Italien aufzubauen; den Launch von talkyoo Telefonkonferenzen. Nachdem wir einen hervorragenden Partner hier in Italien gefunden haben, der uns die Telefonnummern stellt (der Geschäftsführer ist übrigens kein Italiener, sondern ein Däne :-)) bin ich nun dabei, Kunden zu gewinnen und zu überlegen, wie man die Bekanntheit von talkyoo hier in Italien aufbauen kann. Da talkyoo ein Telefonkonferenz System ist, das gratis angeboten wird, also wirklich nichts kostet, bekomme ich gerade hier in Italien eine Menge Fragen gestellt wie z.B.:
- „Wie kann das sein, dass talkyoo gratis ist?“
- „Wovon lebt ihr denn?“
- „Wie soll das denn gehen, wenn alles kostenlos ist?“
- „Das gibt es gar nicht, dass das gratis ist, da muss ein Haken dran sein!“
- „Wo ist die Falle?“
Diese Fragen bekomme ich recht häufig gestellt und wenn ich dann erkläre, dass wir ein deutsches Unternehmen sind, dann sind die meisten Italiener schon beruhigt und haben nicht mehr so viel Angst übers Ohr gehauen zu werden. Wenn ich dann noch erkläre, dass wir die „Gratis-Phase“ als eine Art Werbeinvestition sehen, um den italienischen Markt für Telefonkonferenzen aufzubauen, dann sind die meisten Italiener beruhigt und probieren unser Telefonkonferenz System auch aus und sind total begeistert…ein wenig Skepsis bleibt aber dennoch.
Geschäfte machen mit Italienern ist einfach anders
Gestern hatte ich gerade wieder eine Anfrage, die mich mal wieder sprachlos gemacht hat. Ein Kunde hatte unser System ausprobiert und war begeistert. Er fragte mich dann, was er dafür bekäme, wenn er es anderen weiterempfehlen würde. Es könne ja nicht in unserem Sinne bleiben, dass wir kein Geld verdienen wollen und ich solle ihm doch bitte einen Vorschlag unterbreiten, was ich ihm anbieten könne, wenn er uns nutzt und uns weiterempfiehlt.
talkyoo Telefonkonferenzen gibt es seit 2006 in Deutschland
In Deutschland gibt es talkyoo seit knapp3 Jahren und derartige Anfragen sind dort bisher nicht vorgekommen.
Es fällt mir extrem schwer zu verstehen, warum jemand ein Produkt (in diesem Fall talkyoo), das kostenlos ist, nicht einfach so weiterempfehlen kann, ohne dass er etwas dafür bekommt. Schließlich bekommt er doch schon ein geniales Produkt komplett gratis. Warum muss in Italien immer gleich die „Hand“ aufgehalten werden. Da dies aber nicht das erste Mal ist, dass ich eine derartige Anfrage in Italien bekomme habe, müssen wir uns wohl für dieses doch manchmal so andere Land ein „offeneres“ flexibleres Geschäftsmodell einfallen lassen. Italy is different! Insbesondere, wenn es um die Arbeitswelt und Arbeitseinstellung geht. Ich stelle das nun jeden Tag aufs Neue fest und bin immer noch entsetzt aber auch überrascht, wie hier dennoch alles irgendwie funktioniert… man muss sich nur anpassen…
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Obwohl Bürokratie schlechter und langsamer als in Deutschalnd ist, ist es aber falsch, dass man für alles „Networking“ in Italien braucht.
Es tut mir Leid, wenn Sie dieses Gefühl und Erfahrung erlebt haben.